Bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Effektive und kosteneffiziente Tagesstrukturen

Die FDP Fraktion reichte am 2. Februar 2015 einen von allen Fraktionen im Grossen Rat unterstützten Anzug betreffend „effektive und kosteneffiziente Tagesstrukturen“ ein.

von Erich Bucher, Grossrat der Basler FDP und Bürgergemeinderatskandidat

Die Unterzeichnenden fordern Rahmenbedingungen für die familienergänzende Kinderbetreuung, die es allen Einwohnerinnen und Einwohnern ermöglicht, den Wunsch nach Kindern und die Ausübung einer - finanziell lohnenden und zukunftsträchtigen - Berufstätigkeit zu vereinbaren. Nur so kann die Wahlfreiheit bezüglich der Familienform gewährleistet und den aktuellen Herausforderungen des Arbeitsmarktes begegnet werden.

Der Kanton Basel-Stadt bietet in jedem Quartier ergänzend zum Schulunterricht Tagesstrukturen an, welche während den Schulferien durch die Tagesferien ergänzt werden. Das Angebot an Tagesstrukturen und Tagesferien ist in verschiedene Module aufgeteilt, welche individuell gewählt werden können. Im Jahr 2011 beschloss der Grosse Rat einen Kredit von 39 Millionen Franken, um neben den durch HarmoS bedingten baulichen Massnahmen auch die Infrastruktur für das Angebot von Tagesstrukturen weiter auszubauen und somit eine Betreuung von rund 25 Prozent der schulpflichtigen Kinder in den Tagesstrukturen zu ermöglichen.

In gewissen Quartieren übersteigt aber die Nachfrage nach einer Kinderbetreuung für Kinder in Tagesstrukturen bereits heute das Angebot an den entsprechenden Standorten. Hinzu kommt, dass in anderen städtischen Zentren wie Zürich oder Genf der Anteil der schulpflichtigen Kinder, welche in Tagesstrukturen betreut werden, bereits rund 50 Prozent beträgt. Die Verfügbarkeit von schulischen oder ausserschulischen Tagesstrukturen ist eine wichtige Voraussetzung für die Erwerbstätigkeit beider Elternteile und somit für die effektive Wahlfreiheit bezüglich der gewünschten Familienform.

Aus diesem Grund und angesichts der Tendenz in anderen Schweizer Städten ist es angezeigt, zu prüfen, ob und wie auch in Basel-Stadt ein vergrössertes, jedoch bedarfsgerechtes und möglichst kosteneffizientes Angebot an Tagesstrukturen für schulpflichtige Kinder erwerbstätiger Eltern geschaffen werden kann.

Die Anzugsteller bitten daher den Regierungsrat zu prüfen und zu berichten, wie in anderen Kantonen und Gemeinden, insbesondere Zürich und Genf, aber auch im zum Vergleich geeigneten Ausland, Tagesstrukturen bereitgestellt werden. Dabei sollen insbesondere das Modell der gebundenen Tagesschule und der Tagesschule light, die zur Zeit in der Stadt Zürich verfolgt bzw. geprüft werden, untersucht und auf eine Übertragbarkeit auf Basel-Stadt hin geprüft werden. Zudem sind für die verschiedenen Modelle, welche in anderen Gemeinwesen zur Anwendung kommen, Aussagen zum Umfang der Betreuung, der Möglichkeit einer Priorisierung der Betreuung von Kindern erwerbstätiger Eltern, zur Kostenfolge, zur benötigten baulichen Infrastruktur, die Auswirkungen auf private Anbieter von Betreuungsangeboten, den möglichen Einbezug von privaten Anbietern und Freiwilligen (bspw. Rentnern) sowie zur Verbindlichkeit für die Kinder und Eltern gemacht werden.

In ihrer Antwort erklärt die Regierung, dass nach ihrer Meinung der Bedarf an Tagesstrukturen im Kanton Basel-Stadt gedeckt ist. An einzelnen Mittagen, an denen am Nachmittag Unterricht stattfindet, bestehen vereinzelt Wartelisten. Entsprechende Statistiken und Graphiken finden Sie in der Anzugsbeantwortung (http://www.grosserrat.bs.ch/dokumente/100385/000000385199.pdf).

Im Kanton BS ist die Richtgrösse der Tagesbetreuten Kinder auf 25% der Schüler festgelegt. Wie steht es im Kanton Genf? Dort obliegt die ausserschulische Betreuung (animation parascolaire) der interkommunalen Gruppe für ausserschulische Betreuung GIAP (Groupement intercommunal pour l’animation parascolaire), die 42 Gemeinden abdeckt. Die Inanspruchnahme des Angebots ist freiwillig. In einigen Schulen werden die Kinder der 1. bis 4. Primarklasse unter gewissen Bedingungen ab 7 Uhr bis zum Schulbeginn betreut. Die Mittagsbetreuung richtet sich an Kinder der 1. bis 8. Primarklasse zwischen Schulschluss am Vormittag und Unterrichtsbeginn am Nachmittag, jeweils am Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag. Für die Lieferung und Fakturierung der Mahlzeiten sind die Gemeinden oder private Schulküchen- und Schulkantinenvereinigungen zuständig. Die Betreuung am Nachmittag richtet sich an Kinder von der 1. bis 8. Primarklasse, jeweils am Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag. Die Kinder erhalten eine Zwischenmahlzeit und nehmen an spielerischen, kreativen und sportlichen Tätigkeiten teil. Während der beaufsichtigten Aktivitäten erfolgt keine Betreuung der Hausaufgaben. Im Schuljahr 2015/16 waren 70,6 Prozent der Schülerinnen und Schüler in einem ausserschulischen Betreuungsangebot des GIAP angemeldet.

Und die Stadt Zürich: Mit dem Konzept der Tagesschule 2025 will die Stadt Zürich einerseits die steigende Nachfrage nach Betreuungsplätzen decken und andererseits die Kosten pro Betreuungsplatz senken: „Aufgrund der Zunahme der Anzahl Schülerinnen und Schüler und aufgrund der Erhöhung der Nachfrage kann davon ausgegangen werden, dass sich auch die Anzahl betreuter Schülerinnen und Schüler und ebenso die Anzahl Betreuungsplätze bis 2025 in etwa verdoppeln werden, sofern keine weitergehenden Massnahmen zur Kostenreduktion getroffen werden“ (Auszug aus dem Protokoll des Stadtrats von Zürich vom 27. August 2014).

Die Umsetzung geschieht im Rahmen eines Modells, welches insbesondere bei der Verkürzung der Mittagszeit ansetzt. Die Schülerinnen und Schüler verbringen diejenigen Mittage in der Schule, an denen sie nachmittags Unterricht haben. Diese Mittage sind „gebunden“, d.h. die Schülerinnen und Schüler müssen während dieser Zeit in der Schule bleiben. Ergänzend zu diesem gebundenen Angebot können Eltern ihr Kind in den freiwilligen und kostenpflichtigen Betreuungsangeboten der Schule anmelden, die von 7 bis 18 Uhr in Anspruch genommen werden können.

Die FDP beantragte dem Parlament den Anzug mit folgender Begründung stehen zu lassen:

Gemäss dem RR ist aktuell der Bedarf an Tagesstrukturen im Kanton Basel-Stadt gedeckt. An einzelnen Mittagen, an denen am Nachmittag Unterricht stattfindet, bestehen vereinzelt Wartelisten. Wenn unter vereinzelt das Bruderholz Quartier gemein ist, dann würde ich sagen, dass die Wartelisten sogar sehr lang sind. Ist der Bedarf an Tagesstrukturen im Kanton Basel-Stadt wirklich gedeckt?

Der Regierungsrat erwähnt in seiner Antwort zudem, dass zurzeit eine Standortbestimmung betreffend dem weiteren Bedarf an Tagesstrukturen durchgeführt wird. Weiter erklärt der Regierungsrat, dass die Stadt Zürich eine Projektphase „Tagesschule 2025“ begonnen hat, bei der die Resultate noch nicht bekannt sind. Auch hier wäre es interessant Zwischenresultate zur Kenntnis zu nehmen, die ja nicht in allzu weiter Ferne liegen kann.

Das Parlament hat dem Antrag der FDP mit 47 Ja, 39 Nein, und 3 Enthaltungen zugestimmt.