Ausländerstimmrecht ohne Einbürgerung: Auf den ersten Blick sympathisch aber der falsche Weg

«Fast niemand will Basler Bürger werden», das titelte die Basler Zeitung vor ein paar Tagen. Trotzdem, oder gerade darum, möchte die Linke in Basel das aktive und passive Stimmrecht für niedergelassene Ausländer, die mindestens 5 Jahre in Basel wohnhaft sind, einführen.

Das Ausländerstimmrecht ist seit Jahren ein Zankapfel zwischen den Linken und den Bürgerlichen. Das letzte Mal wurde im Jahr 2010 über das Ausländerstimmrecht in Basel-Stadt abgestimmt. Damals lehnten es 61 Prozent ab.

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Anfang Juni wurde die Motion von Grossrätin Edibe Gölgeli (SP) für das Ausländerstimmrecht von der Mehrheit im Grossen Rat knapp überwiesen. Der Regierungsrat muss nun eine Gesetzesvorlage ausarbeiten. Damit wird wohl das Stimmvolk bald wieder über das Thema befinden müssen.

Edibe Gölgeli argumentiert damit, dass die 35% Ausländerinnen und Ausländern in Basel von der politischen Partizipation ausgeschlossen sind, obwohl sie sich im Kanton engagieren und wichtige Funktionen in der Wirtschaft haben. Für Edibe Gölgeli hat die politische Partizipation ein grosse Bedeutung für die Integration von Menschen ohne Schweizer Bürgerrecht.

Die Bürgerlichen stellen sich auf den Standpunkt, dass die politische Partizipation eben den Erwerb des Schweizer Bürgerrechtes bedingt. Mit der Einbürgerung wird ein wichtiger Schritt der Integration vollzogen. Wer eingebürgert ist, ist gut vertraut mit unseren demokratischen Prozessen und sollte den Inhalt des Abstimmungsbüchleins verstehen.

Von bürgerlicher Seite wird auch darauf hingewiesen, dass die Linken mit dem Ausländerstimmrecht einfach die eigene Wählerbasis erweitern und damit die Mehrheitsverhältnisse in der Stadt zementieren möchten. Man muss das den Linken nicht unterstellen, aber gemäss Politikwissenschaftler Oliver Strijbis könnten die Linken durch das Ausländerstimmrecht mit Zuwachs an Stimmen rechnen. Er schreibt in seiner Publikation über Wählerverhalten in Kantonen mit Ausländerstimmrecht, dass bisherige Wahlresultate darauf hinweisen, dass AusländerInnen in den Kantonen Jura, Neuenburg und Genf eher linke Parteien wählen [1].

Als Freisinniger und liberal denkender Mensch habe ich persönlich durchaus Sympathien für das Anliegen, die politische Partizipation auf eine breitere Basis zu stellen und die Menschen, die hier wohnen und Steuern bezahlen auch am demokratischen Prozess zu beteiligen.

Eine solche Beteiligung bedingt aber, dass die Person unsere Institutionen und unser politisches System kennt und die Sprache zumindest so beherrscht, dass er eigenständig das Abstimmungsbüchlein lesen kann und ohne fremde Hilfe versteht. Durchläuft eine Ausländerin oder ein Ausländer erfolgreich den Einbürgerungsprozess, dann ist sichergestellt, dass sie oder er die Abstimmungsvorlagen versteht und eigenständig JA oder NEIN stimmen oder eine Person und ein Wahlprogramm wählen kann.

Wenn sich sehr wenig Ausländerinnen und Ausländer einbürgern lassen, dann sollten wir vielleicht der Frage nachgehen, woran das liegt. Sind die Hürden für die Einbürgerung zu hoch? Kostet das Ganze zu viel oder ist es vielleicht mit der Einbürgerung so wie mit der Wahlbeteiligung: man ist eigentlich mit der Situation ganz zufrieden und sieht keinen Grund etwas zu ändern? Ich habe keine abschliessende Antwort, aber ich würde auch keine Massnahmen gegen die tiefe Wahlbeteiligung fordern, sondern setze auch da auf die Eigenverantwortung. Wer mitmachen will, dem steht der Weg offen.

Wir investieren viel Ressourcen in unser System zur Einbürgerung. Dieses hat sich bewährt und kann weiter optimiert – allenfalls auch vereinfacht - werden. Arbeiten wir weiter daran und überzeugen wir mehr Ausländerinnen und Ausländer davon, dass es sich lohnt, sich hier einzubürgern und sich damit an der politischen Partizipation zu beteiligen.


[1] Oliver Strijbis, Wenn AusländerInnen wählen und abstimmen dürften: Überlegungen anhand von aktuellen Umfragedaten