Interview mit dem Fraktionspräsidenten

In der ablaufenden Legislatur hat die Fraktion der FDP.Die Liberalen Basel-Stadt erfolgreich gearbeitet. Vor allem die Abschaffung des Eigenmietwerts hat hohe Wellen geschlagen. Die FDP war auch die erste Partei, die im Parlament Vorstösse zur Linderung der Corona-Krise eingereicht hat. Der Fraktionspräsident Erich Bucher im Gespräch mit der FDP-Parteizeitung Freisinn.

Freisinn: Herr Bucher, Sie haben im Februar als Nachfolger von Stephan Mummenthaler das Präsidium der FDP-Grossratsfraktion übernommen. Was hat die FDP in der ablaufenden Legislatur alles erreicht?

Erich Bucher: Die wichtigste und auch in der breiten Öffentlichkeit wahrgenommene Initiative war und ist die Diskussion rund um die Besteuerung des Eigenmietwerts. Dank Unterstützung der bürgerlichen Fraktionen gegen den erbitterten Widerstand von Links-Grün wurde ein Vorstoss von Christophe Haller durchgebracht.

Freisinn: Ist der Eigenmietwert nicht Bundessache?

Erich Bucher: Richtig. Wir verlangten die Einreichung einer Standesinitiative zur Abschaffung der Eigenmietwertbesteuerung, kombiniert mit einem befristeten Schuldzinsabzug beim Ersterwerb von Wohneigentum. Parallel zu weiteren Vorstössen im Kantonsparlament hat die FDP-Fraktion mehrere Informationsveranstaltungen durchgeführt. Etwa 700 Personen konnten so direkt angesprochen werden.

Freisinn: Steht dies nicht im Widerspruch zu den verschiedenen Initiativen und Vorstössen zu Wohn- und/oder Mieterschutz?

Erich Bucher: Nein. Die Abschaffung der Eigenmietbesteuerung wird das Wohneigentum fördern und es für Investoren attraktiv machen, neuen zusätzlichen Wohnraum zu schaffen. Die FDP-Fraktion kämpfte gegen staatliche Zwangsmassnahmen und für liberale Lösungen bei der Basler Wohnungspolitik. Der mit Initiativen geforderte zusätzliche Wohn- und Mieterschutz wurde in den Gesetzen umgesetzt. Die FDP hat dabei den Vorschlag der Regierung in allen Teilen unterstützt und sich gegen alle Verschlechterungen gewehrt. Das nun das rot-grüne Lager gegen den Vorschlag ihrer eigenen Regierungsmehrheit das Referendum ergriffen hat, ist mehr als irritierend.

Freisinn: In den vergangenen vier Jahren stand die Neuregelung der Unternehmensbesteuerung im Vordergrund. Welche Rolle spielte die FDP bei der kantonalen Umsetzung?

Erich Bucher: Ja, ein Schwerpunkt der Legislatur stellte die Steuerreform 17 dar. Die zuständige Regierungsrätin lud Vertretungen aus allen Parteien früh zu einem runden Tisch ein und ermöglichte so ein Kompromisspaket, welches in der Sachkommissions- und Parlamentsberatung eine breite Mehrheit fand. Für die FDP-Fraktion galt es doch einige Kröten zu schlucken, insbesondere bei der Dividendenbesteuerung und dem Ausbau der Sozialleistungen. Letztlich stellte sie sich aber hinter den Kompromiss und folgte somit dem Parteipräsidenten.

Freisinn: Unser Regierungsrat und Justizminister Baschi Dürr hat viele Gesetzesrevisionen erfolgreich vom Parlament absegnen lassen. Können Sie ein Beispiel dazu machen?

Erich Bucher: Eines der Beispiele ist die Totalrevision des Übertretungsstrafgesetzes, welches nur in einem Punkt nicht wie vorgeschlagen umgesetzt wurde. Die Linke beharrte auf der Aufhebung des Bettelverbots – ein Wermutstropfen in einer sonst erfreulichen und erfolgreichen Reform. Erste negative Auswirkungen zeichnen sich seit dem 1. Juli jedoch bereits ab.

Freisinn: Es herrscht die weitverbreitete Meinung vor, dass die Bürgerlichen gegen den Umweltschutz sind. Wie ist die FDP-Fraktion rund um die Diskussionen mit dem Klimanotstand umgegangen?

Erich Bucher: Ziel der Fraktion war es bei den diversen Diskussionen um die Auswirkungen des Klimawandels, das Thema ernst zu nehmen und im kantonalen Rahmen wirksam zu adressieren, aber gleichzeitig den Aktivismus von linker und grüner Seite in geordnete und v.a. auch wirtschaftlich und sozial nachhaltige Bahnen zu lenken.

Freisinn: Eine Motion der SP verlangte den Direktabzug der direkten Steuern vom Lohn. Was war die Haltung der Fraktion in diesem Geschäft?

Erich Bucher: Bei der Ablehnung der Motion zum Direktabzug der direkten Steuern vom Lohn spielten Vertreter der FDP-Fraktion eine führende Rolle. Dank diesem Einsatz konnte die Umsetzung des Vorstosses verhindert werden, welcher eine Pflicht zum direkten Abzug der mutmasslichen Steuern vom Lohn verlangte. Die Umsetzung hätte dazu geführt, dass der Kanton gegenüber allen anderen Gläubigern bevorzugt worden wäre.

Freisinn: Das waren die positiven Nachrichten. Gab es auch Misserfolge? Falls ja, welche und warum?

Erich Bucher: Dauerbrenner im Kanton sind die Diskussionen zu den Verkehrs- und Parkplatzthemen. Verschiedene Vorstösse wurden durch SP, Grünes Bündnis und GLP im Grossen Rat abgelehnt. Oftmals unterlagen die Bürgerlichen mit ihren Anliegen, den MIV bei links-grünen Vorstössen oder regierungsrätlichen Vorlagen nicht weiter zu benachteiligen und einzuschränken.

Von überregionaler Bedeutung waren die Projekte einer gemeinsamen Gesundheitsplanung und Spitalversorgung. Während ersteres unbestritten war, erlitt die Fusion der öffentlich-rechtlichen Spitäler Basel-Stadt und Baselland zum Universitätsspital Nordwest AG Schiffbruch. Eine Mehrheit des Grossen Rats sprach sich zwar dafür aus. In der Volksabstimmung obsiegten die Gegner des Vorhabens auf baselstädtischer Seite.

Freisinn: Die Staatsrechnungen sind seit Jahren positiv. Gleichzeitig steigen die jährlichen Ausgaben. Hat die FDP-Fraktion etwas dagegen unternommen?

Erich Bucher: Die Fraktion hat auch ihren Kampf für gesunde Staatsfinanzen fortgesetzt und immer wieder Budget-Aufstockungen und neue Staatsaufgaben versucht zu verhindern, leider nicht sehr erfolgreich. Sämtliche Versuche die Steigerung der Ausgabenseite zu verlangsamen – was von Links immer als Budgetkürzung deklariert wird – waren erfolgslos. Der Regierungsrat zeigte überhaupt keine Lust, das Wachstum zu bremsen und wenn er gezwungen wurde Einschränkungen vorzuschlagen, wurden nur «Kürzungsthemen» gewählt, die im Grossen Rat sowieso nicht mehrheitsfähig waren wie z.B. die Subvention des Zolli.

Freisinn: Im 2018/19 hat die FDP BS ein neues Parteiprogramm genehmigt und publiziert. Welche Auswirkungen hatte dies auf die Arbeit der FDP-Fraktion?

Erich Bucher: Die Fraktion hat das ganze Jahr über daran gearbeitet, Ideen und Positionen aus dem Parteiprogramm in konkrete Vorstösse umzusetzen, gerade auch im Bereich der Schwerpunkte Bildung, Digitalisierung und Wirtschaft. Erfolgreich überwiesene Beispiele hierfür sind die Motion von Martina Bernasconi für die Wiedereinführung von Kleinklassen und die Vorstösse von David Jenny und Luca Urgese zur Digitalisierung im Steuerbereich.

Die Bemühungen gingen Hand in Hand mit Vorstössen, um den Wirtschafts- und Steuerstandort Basel zu fördern. Beispielhaft erwähnt sei hier die erfolgreich überwiesene Motion von Christophe Haller, die über eine Anpassung der Dividendenbesteuerung die negativen Auswirkungen der Topverdiener-Initiative zu mildern versucht.

Freisinn: Als Sie das Fraktionspräsidium überahmen, war die Corona-Pandemie bereits voll im Gange. Was hat die FDP-Fraktion unternommen, um die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen zu reduzieren?

Erich Bucher: Wir waren die Ersten, die konkrete Vorschläge im Parlament einbrachten und forderten, dass diese dringlich behandelt werden. Beispiele dazu: Mietzins-Hilfen für Basler Kleingeschäfte (Dreidrittel-Rettungspaket), Verzicht auf Verzugszins auf Steuern während der Dauer der Corona-Krise und Soforthilfe für baselstädtische Unternehmen zur Bewältigung der Corona-Krise. Mit Ausnahme der 1/3 Regel für Geschäftsmieten wurde allen Vorstössen die Dringlichkeit abgesprochen. Deren Behandlung lässt immer noch auf sich warten. Erfreulich für das Gewerbe ist jedoch, dass die Regierung einen Grossteil der Vorschläge selber umgesetzt hat. Den Erfolg präsentieren darf jetzt der Regierungsrat und nicht die FDP!

Freisinn: Herr Bucher wir bedanken uns für das Gespräch.