Unsere Gemeinderätin Silvia Schweizer erklärt im Interview mit der Vogel Gryff Zeitung, warum Schulraum in Riehen nicht permanent nachgebaut werden kann.

Riehen braucht dringend zusätzlichen Schulraum. Die Schülerzahlen haben sich stärker erhöht, als die Gemeinde prognostiziert hatte. Der Zuwachs betrug in den letzten fünf Jahren insgesamt 15 Prozent. Höhere Schülerzahlen verzeichnet vor allem das Niederholzquartier. Wie reagiert die Gemeinde? Unsere Gemeinderätin Silvia Schweizer erklärt im Interview mit der Vogel Gryff Zeitung, ob der fehlende Schulraum zum Problem werden könnte, was sie jetzt plant und ob sich die Gemeinde dies überhaupt leisten kann.

Frau Schweizer, Riehen benötigt dringend zusätzlichen Schulraum. Welche Massnahmen sind wo in Planung?

Wir planen kurzfristige, mittel- und langfristige Massnahmen. Gemäss aktueller Bedarfsanalyse für den Schulraum benötigen wir kurzfristig temporären Schulraum in der Primarschule Niederholz. Der Einwoherrat wird nächstens über den Kredit beraten. Weiter sind mittelfristig Erweiterungen an bestehenden Schulbauten wie beispielsweise dem Hebelschulhaus geplant. Für den stark sanierungsbedürftigen Kindergarten Siegwaldweg ist ein Neubau geplant. Auch Sanierungen des Wasserstelzenschulhauses und des Kindergartens am Langelängeweg sind in der Planung. Langfristig muss neuer Schulraum bei Siedlungsentwicklungsvorhaben geplant werden, zum Beispiel im Gebiet Stettenfeld.

Besonders in Riehen Süd, im Niederholzquartier, hat es zu wenig Schulraum. Warum gerade dort? Es ist ja bekannt, dass das Niederholzquartier beliebt bei Familien ist.

Wir haben die Schulhäuser per 1. Januar 2017 vom Kanton übernommen. Bei der HarmoSErtüchtigung der Schulhäuser ging der Kanton noch davon aus, dass die Primarschule Niederholz zwölf Klassen umfassen würde. Mittlerweile sind es 17. Dass an diesem Standort ein hohes Wachstum eintreten würde, war uns schon seit längerem klar. Aber Schulraum kann nicht permanent nachgebaut werden. Steigt an einem Standort die Zahl der Klassen, so findet in der Regel über einige Jahre eine Verdichtung des Schulraumes statt. Ist eine weitere Verdichtung nicht mehr möglich, wird mit zusätzlichem Schulraum das Raumangebot wieder den gestiegenen Klassenzahlen angepasst. Dieser Moment ist im Niederholz nun erreicht.

Steigt die Kinder- und damit die Schülerzahl, hat dies auch Folgen für andere «Bildungsinstitutionen» wie Mittagstische, Kitas, Turn- und Schwimmhallen, die ganz oder teilweise von der Gemeinde finanziert werden. Was hat das für Folgen?

Obwohl wir in den letzten Jahren das Angebot an Kitaplätzen, Mittagstischen und schulischen Tagesstrukturen deutlich ausgebaut haben, steigt der Bedarf an Kinderbetreuung sogar überproportional zur Zahl der Schülerinnen und Schüler. Hier laufen verschiedene Prozesse, die klären sollen, wie einerseits die Kooperation zwischen Mittagstisch und Tagesstruktur sinnvoll verstärkt werden kann und wie wir das bestehende Platzangebot in diesen Einrichtungen erweitern können ohne ein grosses zusätzliches Raumangebot zu schaffen. Der Turnhallen- und Schwimmhallenbedarf richtet sich nach der Anzahl der Klassen. In beiden Bereichen haben wir aktuell noch Reserven. Zurzeit werden Turn- und Schwimmhallen in gewissen Stunden auch von privaten Schulen genutzt. Dies wird bei einer weiteren Zunahme an Schülerinnen und Schülern irgendwann nicht mehr möglich sein.

Diese Investitionen belasten die Gemeindekasse von Riehen. Mit welchen Kosten rechnen Sie? Und kann diese die Gemeinde stemmen, ohne dafür die Steuern erhöhen zu müssen?

Es ist richtig, dass grosse Investitionen auf die Gemeinde zukommen. Durch die zeitlich gestufte Planung und Realisierung kommen diese Kosten etappiert auf die Gemeinde zu. Bei der aktuellen Schulraumerweiterung Primarschule Niederholz mit temporären Schulbauten betragen die Investitionskosten rund 2,5 Millionen Franken und jährlich wiederkehrende Kosten rund einer halben Million Franken. Diese Beträge sollten ohne Steuererhöhung beizubringen sein. Dennoch zwingen uns die grossen Investitionen zu einem haushälterischen Umgang mit den Steuereinnahmen.

Bei all den Kosten, die auf Riehen zukommen, vergeht einem als zuständige Gemeinderätin nicht die Freude darüber, dass Riehen bei Familien wieder beliebter ist als auch schon?

Wir haben in den letzten Jahren viel dafür getan, dass wir wieder attraktiv für Familien sind. Daraus resultiert aber auch die Verpflichtung, die entsprechende Infrastruktur bereit zu stellen. Und trotz all der Herausforderungen, die hohe Schülerzahlen mit sich bringen – es sind ja nicht nur die hohen Kosten, sondern auch die fristgemässe Bereitstellung des Schulraums und die Suche nach neuen Lehr- und Fachpersonen –, freue ich mich tatsächlich immer noch, wenn ich den vielen Familien mit Kindern im Dorf begegne.

Dann sind die steigenden Kinderzahlen ein gutes Zeichen für Riehen?

Vor wenigen Jahren war die Generation 65+ so stark vertreten, wie kaum in einer anderen Schweizer Gemeinde. Ein Entwicklungsziel im neuen Leitbild 2016-2030 war, eine gute Durchmischung der Riehener Bevölkerung zu erreichen. Die eingeleiteten Massnahmen zeigen Wirkung. Die steigenden Kinderzahlen belegen, dass Riehen eine familienfreundliche Gemeinde mit hoher Lebensqualität ist, wo Jung und Alt gerne leben, wohnen und arbeiten. Das sichert langfristig unsere Steuereinnahmen.

Bild: Schulhaus Niederholz

Weiterverwendung des Interviews Dank der Genehmigung von www.vogelgryff.ch