Optimale Bildung für jede und jeden
Bildung ist Grundlage für Leben und Beruf. Darum soll sich jede und jeder optimal bilden können. Bildung kostet – und das darf sie auch, wenn die Qualität stimmt. Aktuell erreicht aber die Basler Volksschule bei hohen Kosten ihre Bildungsziele nicht. Das schmälert insbesondere die Chancengleichheit für jene, die neben dem Schulangebot keine weitere Unterstützung und Förderung geniessen. Daher fordern die Freisinnigen eine konsequente Verbesserung der Unterrichtsqualität, eine tatsächliche Stärkung der Berufsbildung und eine hohe Durchlässigkeit zwischen den unterschiedlichen Schulstufen und Bildungsgängen.
Um diese Ziele zu erreichen, sind im aktuellen, historisch gewachsenen und komplexen Schul- und Bildungssystem zahlreiche Anpassungen notwendig. Hier präsentieren wir Freisinnigen unsere Ideen, um zeitnah konkrete Verbesserungen herbeizuführen. Handlungsbedarf besteht insbesondere bei der Integrativen Schule, im Bereich der Sprachkompetenz, bei der Leistungstransparenz der Schulstandorte, der Ausbildung von Lehrpersonen und der Attraktivität der Berufsbildung.
Integrative Schule
Die integrative Schule stösst an ihre Grenzen. Schülerinnen, Schüler und Lehrpersonen sind stark gefordert. Die Vielzahl unterschiedlicher Lehr-, Fach- und Betreuungspersonen erschweren einen geregelten Unterricht im Klassenverband, führen zu grosser Ablenkung und Unruhe für die Schülerinnen und Schüler. Zudem führen sie zu einem hohen Koordinationsaufwand für das Lehrpersonal. Die Zunahme der individuellen Betreuungsangebote geht weit über die ursprüngliche Idee hinaus, Kinder mit einer ausgewiesenen körperlichen oder geistigen Beeinträchtigung im Sinne des Behindertengleichstellungsgesetzes in den Regelunterricht zu integrieren.
Neben der Betreuung von Kindern mit körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen müssen in den Klassen auch noch Entwicklungsverzögerungen, Sprachdefizite und Verhaltensauffälligkeiten von Schülerinnen und Schülern aufgefangen werden. Für diese Schülergruppen müssen gezielt Angebote geschaffen werden, damit spätestens ab der 2. Primarschulstufe ein möglichst einheitlicher Unterricht im Klassenverband möglich ist.
Die Wiedereinführung von separativen Angeboten, wie z.B. Kleinklassen, soll für Schülerinnen und Schüler mit erheblichem Störungspotential über die gesamte Dauer der Volksschule geprüft werden. Für Kinder mit zusätzlichen Betreuungsbedürfnissen aufgrund körperlicher oder geistiger Beeinträchtigungen gilt dies nicht, hier bleibt weiterhin die Integration in Regelklassen das Ziel.
Die anfängliche Integration in den Schulalltag für Kinder mit Entwicklungsverzögerungen oder Lücken bei den sprachlichen Grundkompetenzen soll im Kindergarteneintritt resp. schon in den Spielgruppen, spätestens aber beim Schuleintritt, besser gestaltet werden, um über die folgenden Klassenstufen einen ruhigeren und besseren Unterricht zu ermöglichen. Das Ziel ist: Integration wo möglich, Separation wo nötig. Werden zusätzliche separative Angebote geschaffen, sollen die personellen Ressourcen in den Regelklassen entsprechend angepasst werden.
Konkret hat Riehen gute Erfahrungen mit Einführungsklassen gemacht. Dabei werden die noch nicht schulreifen Kinder nach externer Beurteilung nach Abschluss des Kindergartens bei Bedarf einer Einführungsklasse zugeteilt, welche die 1. Klasse über einen Zeitraum von zwei Jahre absolviert. Dadurch wird der Rahmen geschaffen, Entwicklungsverzögerungen auszugleichen, bevor die Kinder in die zweiten Regelklassen übertreten.
An den Schulstandorten in Basel besteht seit Beginn des Schuljahres 2020/21 grundsätzlich das Recht, ebenfalls solche Einführungsklassen zu führen, allerdings sind die finanziellen Anreize für die Schulstandorte so ausgestaltet, dass in Basel aktuell keine Einführungsklassen angeboten werden. Vielmehr werden die gesprochenen Mittel für individuelle Fördermassnahmen eingesetzt. Die Freisinnigen erachten aber die weitere Fragmentierung des Unterrichts für nicht zielführend und fordern daher, die Regelung und die Finanzierung dahingehend anzupassen, dass an allen Schulstandorten tatsächlich Einführungsklassen geführt werden.
Sprachkompetenz
Für eine erfolgreiche Schul- und Ausbildungslaufbahn ist ausreichende Sprachkompetenz in der Unterrichtssprache Grundvoraussetzung. Nur wer den Inhalt der Aufgaben versteht, kann Lösungen erarbeiten. Basel-Stadt hat einen hohen Anteil Kinder nicht deutscher Muttersprache. Für sie und für das Gesamtniveau des Unterrichts ist es unerlässlich, dass ab einem frühen Zeitpunkt ein gewisses Sprachniveau in Deutsch erreicht wird. Die Freisinnigen fordern daher, die bestehenden Massnahmen zur Frühförderung in Deutsch rasch auszuweiten und das Obligatorium für den Besuch konsequent umzusetzen.
Zudem müssen Kinder, die bei Primarschuleintritt nicht das nötige Sprachniveau erreichen, einem separaten Angebot, analog der Einführungsklasse, zugewiesen werden, damit spätestens ab der 2. Primarschulklasse für die gesamte Klasse ein ausreichendes Sprachniveau in der Unterrichtssprache garantiert ist und deutlich weniger individuelle Betreuungsangebote wie Deutsch als Zweitsprache notwendig sind. Ergänzend ist zu prüfen, wie Angebote ausgestaltet werden können, die nicht deutschsprachigen Kindern ermöglichen, die Grundzüge der eigenen Muttersprache schulisch zu erwerben, da das Grundverständnis der Muttersprache jeden weiteren Spracherwerb deutlich vereinfacht.
Vergleichbarkeit der Schulstandorte
Die einzelnen Schulstandorte geniessen eine Teilautonomie, insbesondere hinsichtlich der Wahl verschiedener pädagogischer Konzepte. Das ist zu begrüssen, da dadurch im bestehenden System eine grössere Vielfalt an Lernangeboten entsteht. Allerdings muss innerhalb dieser Angebotsvielfalt für die Schülerinnen und Schüler ab der Sekundarstufe I auch die freie Standortwahl gewährleistet sein. Nur so kommt diese Vielfalt auch zum Tragen und Schülerinnen und Schüler können jene Angebote wählen, die ihrem Lerntyp am besten entsprechen.
Neben der rechtlichen und prozeduralen Grundlage braucht es dazu auch die Möglichkeit, die unterschiedlichen Standorte hinsichtlich des Leistungsniveaus zu vergleichen. Basel-Stadt führt gemeinsam mit weiteren Kantonen Leistungstests in verschiedenen Schulstufen durch, sogenannte Checks. Die Ergebnisse dieser Checks sind pro Schulstandort zu veröffentlichen. Zudem sind auch die Erfolgsquoten der Schülerinnen und Schüler auf den folgenden Schulstufen zu erfassen und zu veröffentlichen. Werden zwischen den Schulstandorten massgebliche Leistungsunterschiede festgestellt, sind durch die Schulleitung oder die Verwaltung geeignete finanzielle und personelle Massnahmen zum raschen Ausgleich der Leistungsunterschiede vorzusehen und umzusetzen.
Ausbildung von Lehrpersonen
Zentral für den Bildungserfolg sind die Lehrpersonen. Bei deren Ausbildung hat in den vergangenen Jahrzehnten eine starke Akademisierung stattgefunden, die den Zugang zu diesem Beruf erschwert und zu geringer Praxiserfahrung der Lehrpersonen bei Stellenantritt führt. Auch angesichts des Mangels an Lehrpersonen ist dieser Entwicklung entgegenzuwirken.
Die Freisinnigen fordern, dass neben dem bestehenden Ausbildungsweg zur Primarlehrperson über die Maturität und die Pädagogische Hochschule wieder ein berufsbildender Weg eingeführt wird. Im Rahmen einer praxisnahen vierjährigen Berufsschule sollen Abgänger der Sekundarstufe I ein Lehrerpatent und die Qualifikation zum Unterricht zumindest auf den unteren Primarschulstufen erlangen können. Parallel sind Bildungsangebote zu entwickeln, die es diesen Lehrpersonen erlauben, sich berufsbegleitend kontinuierlich weiterzubilden und höhere Qualifikationsstufen zu erreichen.
Mindestpensen für Lehrpersonen
Ebenfalls angesichts des Lehrermangels, aber auch um möglichst grosse Kontinuität im Schulalltag zu schaffen, ist für Lehrpersonen an der Volksschule grundsätzlich ein Mindestbeschäftigungsgrad anzustreben. Der Kanton Genf hat mit einer entsprechenden Regelung gute Erfahrungen gemacht und eine Vielzahl der Lehrpersonen hat Pensen über dem Mindestpensum, was auch die Pensenplanung an den Schulen erleichtert. Die Freisinnigen fordern daher, dass analog zum Genfer Modell die Einführung eines Mindestpensums von 50 % für Lehrpersonen an der Volksschule geprüft wird.
Berufsbildung stärken
Die Berufsbildung bildet eine hervorragende Grundlage für ein erfolgreiches Berufsleben. Dank der grossen Durchlässigkeit des Bildungssystems stehen ihren Abgängern fast alle Berufs- und Studienoptionen offen. Dennoch ist die Quote der Schülerinnen und Schüler, die nach der Sekundarstufe I eine schulische Maturität anstreben, in Basel-Stadt sehr hoch. Darunter leidet nicht nur die Exzellenz an den Maturitätsschulen, den Lehrbetrieben entgehen so auch viele leistungsstarke Lernende.
Neben Wahrnehmungsproblemen hat die Berufsbildung auch mit strukturellen Herausforderungen zu kämpfen, u.a. deutlich weniger Ferientagen, grösserer Verantwortung für Lernende sowie strukturellen Benachteiligungen gegenüber dem gymnasialen Bildungsweg. Eine Benachteiligung besteht darin, dass der Staat in Gymnasiastinnen und Gymnasiasten deutlich mehr Geld investiert, während Lehrabgängerinnen und Lehrabgänger zwar von der Durchlässigkeit des Systems profitieren können, aber für allfällige Weiterbildungen die Kosten häufig selber tragen müssen. Daher fordern die Freisinnigen, dass Lehrabgängerinnen und Lehrabgänger im Kanton Basel-Stadt für anschliessende berufliche Weiterbildungsangebote sowie für Schulangebote, die ihnen den Zugang zu Hochschulen ermöglichen, vom Kanton Weiterbildungsgutscheine erhalten. Dadurch kann die Attraktivität der Berufsbildung deutlich gesteigert werden.