Den Wählerwillen besser verstehen

Warum war das Ja zum Freihandelsabkommen mit Indonesien so knapp? Was waren die ausschlaggebenden Argumente für das Nein zu E-ID? In einigen Wochen werden wir es wissen. Auf Bundesebene werden solche Vox- bzw. Voto-Analysen zu jeder Abstimmung in Auftrag gegeben. Die Erkenntnisse solcher Analysen fliessen in die politische Arbeit mit ein. Sie ermöglichen es, dass die Politik Entscheide der Bevölkerung besser versteht und auf ihre Bedürfnisse besser eingehen und reagieren kann.

Auf kantonaler Ebene sind solche Befragungen nur selten der Fall. Als im September 2014 die Vorlage für eine Stadtrandentwicklung Ost an der Urne scheiterte, gab der Regierungsrat eine entsprechende Befragung in Auftrag. Dasselbe geschah nach der Ablehnung der Spitalfusion im Februar 2019. Ein drittes Mal soll dies nun nach der sehr knappen Annahme des Wohnraumfördergesetzes im November letzten Jahres geschehen.

Es wäre wünschenswert, die Basler Politik könnte solche Befragungen häufiger zu Rate ziehen. Gerade in den Themenbereichen, wo ein starkes politisches Seilziehen zwischen Links und Rechts stattfindet, könnte eine vertieftere Analyse des Wählerwillens helfen, den Spielraum für Kompromisse besser auszuloten.

Im Kanton Aargau wird das Bedürfnis nach einem besseren Verständnis der Beweggründe der Stimmbevölkerung mit dem sogenannten Projekt FOKUS Aargau gelöst. Bei diesem Projekt werden nach jedem Urnengang mindestens 1'000 Aargauer Stimmberechtigte befragt. Die Ergebnisse werden vom Zentrum für Demokratie Aarau analysiert und in einem Bericht zusammengefasst. Die Studie wird aus dem kantonalen Swisslos-Fonds finanziert.

Ein ähnliches Modell wäre auch für den Kanton Basel-Stadt denkbar. Die Befragungen könnten beispielsweise in Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Politikwissenschaft der Universität Basel durchgeführt werden. Es ist dabei nicht notwendig, zu jeder Abstimmungsvorlage eine Befragung durchzuführen. Eine Beschränkung auf umstrittenere Vorlagen macht Sinn.

In einem Anzug bitte ich den Regierungsrat zu prüfen, ob auch Basel-Stadt künftig nach kantonalen Wahlen und Abstimmungen regelmässig Nachwahlbefragungen durchführen lassen kann. Damit die Politik den Wählerwillen besser versteht.

Luca Urgese, Grossrat und Parteipräsident