Die kantonale Initiative der jungen Sozialisten zur stärkeren Belastung der „Topverdiener“ wirft interessante Fragen auf.

Es gehört ja zum guten Recht der Jungparteien, mit Radikalforderungen die Routine der etwas gesetzteren Damen und Herren im Politbetrieb zu unterbrechen. Dazu gehört auch die Entdeckung alter Rezepte, auch wenn sie noch nie funktioniert haben. Die Idee einer Reichensteuer ist alt und ewig verführerisch, gerade für Jungpolitiker aus zumeist privilegierten Verhältnissen. Und dies erst recht im satuierten Basel mit seiner ausgebauten Verwaltung, dem fortschrittlichen Sozialwesen und den relativ höchsten Kulturausgaben des ganzen Landes. Die hohen Steuereinnahmen aus Wirtschaft und Bevölkerung sorgen regelmässig für schwarze Zahlen, so dass sich Basel weiterhin grosszügig geben kann. Die niedrigen Einkommen sind bereits derart entlastet, dass ein Viertel der Bevölkerung gar keine Steuern mehr zahlt, umso höher ist aber die Belastung der mittleren und hohen Einkommen. Die so genannten Netto-Zahler, jener Fünftel, der mehr einzahlt als er an Leistungen bezieht, finanziert den Grossteil des Staates.

Von Thomas Kessler, Nationalratskandidat

Es bleibt vorerst das Geheimnis der Juso, weshalb sie in dieser Situation die hohen Einkommen noch stärker belasten wollen. Es scheint fast, als hätten sie den falschen Kanton ausgesucht. Sie schreiben in der Begründung von einem „enorm unfairen Steuersystem“, von privilegierten Grossverdienern gegenüber „normal Verdienenden“ und von harten Sparmassnahmen in Bildung, Sozialem und Kultur. Wie alle wissen, sind das in Basel-Stadt die grössten Ausgabeposten, stets wachsend, mit Gross-Investitionen für neue Museen und Bildungsstätten in der Pipeline.

Die Feststellung, dass mit der „Topverdienersteuer“ nur 1% betroffen wären, ist in der Begründung der Jung-Initianten mit einem Ausrufezeichen akzentuiert. Es versteuert also nur ein Hundertstel mehr als 200‘000 Einkommen, und diese sollen neu 28 statt 26% abgeben, ab 300‘000 29%.

Dieser spezielle Hinweis auf die kleine Minderheit, die zusätzlich belastet würde, hinterlässt ein schales Gefühl. Ist das jetzt neuer Populismus, oder werden Neid und alte Ressentiments bedient? Und weshalb wollen die jungen Sozialisten in diesen guten Zeiten eigentlich nicht etwas für die Einkommen der „normal Verdienenden“ tun und ihre Steuern senken, sondern die Einkommen ihrer Regierungsräte und erfolgreichen Eltern angehen?

Ein Blick in die Fakten zeigt den tatsächlichen Handlungsbedarf. In der heutigen Berufs- und Lebensrealität sind die meisten Menschen örtlich flexibel, erst recht in unserer Region mit dem ausgebauten ÖV und hohen Anteil an internationalen Fachkräften. Eine Regelung in Basel muss also verträglich sein mit den Steuer- und Lebens-Verhältnissen in Pendeldistanz. Vergleichen wir also Basel mit Zürich und Rheinfelden:

Steuerbare Einkommen von 50’000 zahlen in Basel über 6000 Steuern, 2200 mehr als in Zürich oder 1300 mehr als in Rheinfelden. Einkommen um 100’000 zahlen hier fast 20’000, in Zürich 3’200 und in Rheinfelden 4’600 weniger.

  • Bei 150’000 lauten die Zahlen 35’000 in Basel, in Zürich -5’200, Rheinfelden -4‘300.
  • Gleich sieht es bei den höheren Einkommen aus, die mit der Initiative als „Topverdiener“ zusätzlich belastet werden sollen.
  • Mit 200‘000 zahlen sie jetzt in Basel 52‘000, in Zürich 4‘200 und in Rheinfelden 4‘700 weniger. Neu mit 28% wäre die Differenz selbstredend noch grösser, Basel würde mit 56’000 Steuern 8’300 teurer als Zürich und 8’800 als Rheinfelden.
  • Bei 300’000 lauten die Zahlen heute 90’200 in Basel, -2’200 in Zürich und -8’100 in Rheinfelden. Mit der Initiative würde sich Basel auf 100’000 verteuern, 12’000 höher als Zürich oder 18’000 mehr als in Rheinfelden.

Zählt man noch die höheren Krankenkassenprämien dazu, würde das Leben der Viel-Versteuernden in Basel 10-20‘000 teurer als in der Metropole Zürich mit See, Alpenblick und Gross-Flughafen - oder als im schmucken Rheinfelden, mit dem Zug 12 Minuten von Basel entfernt.

Vergrault man die schon heute hoch Belasteten zusätzlich, verliert Basel durch verminderten Zuzug oder gar Wegzug Steuersubstrat für die bisher gut ausgestattete Bildungs-, Sozial- und Kulturpolitik - der Nutzen fiele dann anderswo an. Die hier Verbleibenden müssten die Zentrumslasten ohne potente neue Mitfinanzierer tragen.

Deshalb sei den jungen Sozialisten eine gerechtere Idee empfohlen, nämlich die „Normalen“ - den Chauffeur, die junge Architektin, den Magaziner, die Polizistin, den BVB-Mechaniker, die Floristin und den Gastronomen - auf das Niveau von Zürich zu entlasten, also um über 2-3’000 pro Jahr. Über diese Summe an ihrem Einkommen könnten sie dann zusätzlich verfügen und selber frei bestimmen, ob sie das Geld für Bildung, Freizeit und Kultur oder Altersvorsorge ausgeben und investieren wollen.

Das wäre echt sozial und nachhaltig - und respektvoll gegenüber den Trägern der Gesellschaft.